Bei grenzüberschreitenden Arbeitsverhältnissen besteht keine (vollumfänglich) freie Rechtswahl. Zum Schutz des Arbeitnehmers findet das Recht des Staates Anwendung, in dem er seine beruflichen Verpflichtungen im Wesentlichen erfüllt, soweit diese günstiger für ihn sind.
Die grundsätzliche Möglichkeit bei grenzüberschreitenden Sachverhalten die Wahl des Rechtes, welches angewendet werden soll, wird zum Arbeitnehmerschutz bei Arbeitsverhältnissen eingeschränkt. Dies gilt bei der Anwendbarkeit des Übereinkommens über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (=EVÜ). Hier gelten nämlich trotz einer vorgenommen Rechtswahl die günstigen arbeitnehmerschützenden Vorschriften des Rechts, das anwendbar wäre, wenn keine Rechtswahl vorgenommen worden wäre. Nach Art 6 Abs. 2 EVÜ ist dies grundsätzlich das Recht des Staates, in dem der Arbeitnehmer in Erfüllung des Vertrags gewöhnlich seine Arbeit verrichtet, selbst wenn er vorübergehend in einen anderen Staat entsandt ist, oder das Recht des Staates, in dem sich die Niederlassung befindet, die den Arbeitnehmer eingestellt hat, sofern dieser seine Arbeit gewöhnlich nicht in ein und demselben Staat verrichtet.
In der zugrundeliegenden Entscheidung des Europäischen Gerichtshof (EuGH) entschied dieser mit Urteil vom 15.3.2011 (Aktenzeichen: c-29/10) über die Auslegung von Art. 6 Abs. 2 Buchst. a EVÜ.
Die Vorschrift ist demnach dahin auszulegen, dass, wenn der Arbeitnehmer seine Tätigkeit in mehreren Vertragsstaaten ausübt, der Staat, in dem er im Sinne dieser Bestimmung in Erfüllung des Vertrags gewöhnlich seine Arbeit verrichtet, derjenige ist, in dem oder von dem aus er unter Berücksichtigung sämtlicher Gesichtspunkte, die diese Tätigkeit kennzeichnen, seine Verpflichtungen gegenüber seinem Arbeitgeber im Wesentlichen erfüllt.
In dem zugrundeliegendem Rechtsstreit gab es einen Bezug vorwiegend zu den Rechtsordnungen Dänemarks, Luxemburgs und Deutschlands.
Der Kläger des Ausgangsverfahrens hat seinen Wohnsitz in Deutschland und wurde 1998 als Lastkraftwagenfahrer im grenzüberschreitenden Verkehr eingestellt. Der Arbeitsvertrag enthielt eine Klausel, mit der den Gerichten des luxemburgischen Staates die ausschließliche Zuständigkeit zugewiesen wird. Sein Arbeitgeber ist eine Tochtergesellschaft einer Gesellschaft dänischen Rechts. Gegenstand des Unternehmens ist die Beförderung von Blumen und anderen Pflanzen von Dänemark zu Bestimmungsorten vor allem in Deutschland, aber auch in andere europäische Länder. Der Transport wird mit Lastwagen durchgeführt, deren Abstellplätze sich in Deutschland befinden. In Deutschland verfügt die Arbeitgebergesellschaft weder über einen Gesellschaftssitz noch über Geschäftsräume. Die Lastwagen sind in Luxemburg zugelassen. Die Fahrer sind der luxemburgischen Sozialversicherung angeschlossen. Der Kläger wurde Ersatzmitglied des Betriebsrates. Der Kläger wehrte sich vorwiegend gegen seine Kündigung, wobei die bis dato angerufenen Gerichte nicht das für ihn günstige deutsche Recht anwendeten.
Es stellt sich also die Frage welches Recht anzuwenden ist. Da der Kläger seine beruflichen Verpflichtungen im Wesentlichen in der Bundesrepublik Deutschland erfüllte, sind nach der zugrundeliegenden EuGH-Rechtsprechung die zwingenden (günstigen) Bestimmungen des deutschen Rechtes anzuwenden, wie etwa die einschlägigen Kündigungsschutz- und Schadensersatzvorschriften im Hinblick auf die Betriebsratsmitgliedschaft des Klägers.